Hausbewohner

1995 – Galerie Artforum, Meran

Das Nest, die Muschel, die Schnecke

„Beim Bau des eigenen Hauses und auf dem Gebiet der Kunst, schließt die Realisierung Entscheidungen mit ein die vom Geist abhängen und gleichzeitig die Verbindlichkeiten der Wahrnehmungswelt berücksichtigen. Wenn auch Nicht-Wissen keine Unkenntnis ist, sondern die schwierige Leistung der Überwindung der Kenntnis, so kann gleichzeitig die Seele die erste Anregung sein die ein Werk in jedem Augenblick zum reinen Beginn und seine Erschaffung zur Ausübung von Freiheit macht. Kunst wetteifert mit dem Leben und erzeugt Überraschungen, um unser Bewusstsein zu erregen und es vor Schläfrigkeit zu bewahren.

Selbst dann, wenn wir nichts verstehen ohne es auch gleichzeitig zu erleben, können im inneren Raum, im Kreuzungspunkt, dort wo alles Ursprung und Sinn erhält, gültige Bilder der Zuflucht gefunden werden. So wie wenn wir in einem Gebüsch ein Nest entdecken und feststellen, mit welcher Liebe und Sorgfalt der Vogel sein Nest gebaut hat, oder während wir ein verlassenes Schneckenhaus betrachten. Alles entsteht aus innerer Notwendigkeit aus körperlich zwingender Innerlichkeit. Der Vogel passt sein Haus seinem Körper an so wie der Mensch sich seinem Haus anpasst und das Haus sich seinem Bewohner. Mit dem Nest und der Muschel sind eine Menge solcher Bilder verknüpft und wir können uns fragen wie viele Bilder tierischer Wesen im Wesen des Menschen verborgen sind, und in uns ein Gefühl der Ursprünglichkeit wecken, die uns Wärme vermitteln und den Zufluchtsort signalisieren, den auch wir in unseren Häusern zu verwirklichen trachten. Fähigkeiten, Gedanken und Empfindungen bestimmen das Gesamtwerk, verleihen ihm Seele, Ausdruck und Raum und gliedern es ein in einen größeren Raum.”

Gaston Bachelard